Andacht
zu Apostelgeschichte 28,1-8
Herr der
Naturgewalten (4.Sonntag nach Epiphanias), Tag 6
Lesung:
Apostelgeschichte 28,1-8
Und als
wir gerettet waren, erfuhren wir, dass die Insel Malta hieß. Die Leute aber
erwiesen uns nicht geringe Freundlichkeit, zündeten ein Feuer an und nahmen uns
alle auf wegen des Regens, der über uns gekommen war, und wegen der Kälte. Als
nun Paulus einen Haufen Reisig zusammenraffte und aufs Feuer legte, fuhr wegen
der Hitze eine Schlange heraus und biss sich an seiner Hand fest. Als aber die
Leute das Tier an seiner Hand hängen sahen, sprachen sie untereinander: Dieser
Mensch muss ein Mörder sein, den die Göttin der Rache nicht leben lässt,
obgleich er dem Meer entkommen ist. Er aber schlenkerte das Tier ins Feuer, und
es widerfuhr ihm nichts Übles. Sie aber warteten, dass er anschwellen oder
plötzlich tot umfallen würde. Als sie nun lange gewartet hatten und sahen, dass
ihm nichts Schlimmes widerfuhr, änderten sie ihre Meinung und sprachen: Er ist
ein Gott. In dieser Gegend hatte der angesehenste Mann der Insel, mit Namen
Publius, Landgüter; der nahm uns auf und beherbergte uns drei Tage lang
freundlich. Es geschah aber, dass der Vater des Publius am Fieber und an der
Ruhr darnieder lag. Zu dem ging Paulus hinein und betete und legte die Hände
auf ihn und machte ihn gesund.
Thema:
Trauen wir Gott zu, auf übernatürliche Weise in den Alltag einzugreifen?
Auslegung:
Ein echtes Abenteuer, was Paulus da erlebt. Er hatte unbedingt
nach Rom gewollt, um die Gemeinde dort kennen zu
lernen und dann als Prediger des Evangeliums gen Westen weiterzureisen. Die
Reise hatte er kostenlos bekommen. Nicht weil er sie in einem Kreuzworträtsel
gewonnen hätte, sondern weil er in die staatsbürgerliche Trickkiste gegriffen
hatte. Wegen eines fadenscheinigen Vorwurfes hatte man ihn eingekerkert. Als
römischer Bürger hatte er das Recht, den Prozess beim Kaiser in Rom zu
bekommen. Auf dieses Recht hatte er gepocht. Als Gefangenen bringt man ihn per Schiff nach Rom. Doch
der Gefangenentransport erleidet kurz vor Malta Schiffbruch. Die triefend nassen Gestrandeten:
Kapitän und Matrosen, römische Beamte und Gefangene wärmen sich mit den Bürgern
Maltas an einem Lagerfeuer.
Und dann kommt die Sache mit dem Schlangenbiss. Die Leute sind total durcheinander: Der Biss dieser Schlange
ist immer tödlich! Wir haben doch gesehen, wie die
Schlange mit ihren Giftzähnen im Arm dieses Mannes fest hing! Warum stirbt er denn nicht? Mit den ihnen bekannten Naturgesetzen können sie nicht
erklären, was geschieht. Deshalb glauben sie, Paulus müsse ein Gott sein.
Wie hätten wir anstelle dieser Menschen reagiert? Wie sie hätten wir nach einer einleuchtenden, naturwissenschaftlich wasserdichten Erklärung gesucht. Wie sie hätten wir wohl keine gefunden. Und weiter...? Wären wir zu dem
Ergebnis gelangt, dass nicht sein kann, was nicht sein darf? Oder wären wir
offen dafür gewesen, im Überleben des Paulus ein Wunder zu sehen, durch das Gott seine Macht über die Gesetze der Schöpfung beweist?
Gebet:
Vater im Himmel, bei dir ist kein Ding unmöglich. Nicht den Gesetzen der Natur bin ich letztlich unterworfen,
sondern dir, der über allem steht. Dafür danke ich dir! Schenke mir einen starken Glauben, der dir zutraut, auch auf übernatürliche Weise in den Alltag einzugreifen.
Impuls:
1. Haben Sie
Schwierigkeiten, Alltag und Gott
zusammen zu bringen? Halten Sie es für möglich, dass Gott mitten im Alltag auf übernatürliche Weise handelt? Wenn nein, warum eigentlich nicht?
2. Es wird
berichtet, dass sich heute
übernatürliche Wunder
vor allem dort ereignen, wo das Evangelium Menschen gepredigt wird, die es noch
nicht kennen. Können Sie sich erklären, warum das so ist?
Hintergrundinformationen:
v Lukas, der in alten
Überlieferungen als Mitarbeiter des Paulus bezeichnet wird, erzählt hier im Wir-Stil. Möglicherweise war er
auf der Reise nach Rom selbst dabei. In diesem Falle wäre uns die Begebenheit
direkt von einem Augenzeugen überliefert.
v Die alte römische Religion kannte unzählige Götter
und Göttinnen, von denen jede(r) einen eigenen Zuständigkeitsbereich hatte.
Eine dieser Gottheiten war die Göttin der Rache.
v Der Name des
Gutsbesitzers Publius machte die Echtheit des Berichtes nachprüfbar. Angenommen der
Transport nach Rom war ca. 60 n.Chr., dann ist diese Begebenheit binnen 10-20
Jahren nach dem Ereignis aufgeschrieben worden, also noch in einer Zeit, in der
man Publius oder in seinem Hauswesen Beschäftigte über jenes unvergessliche
Ereignis mit den Schiffbrüchigen und dem Schlangenbiss hätte fragen können.
Autor dieser Andacht: Robert Augustin