Andacht
zu Johannes 4,5-14
Party des
Lebens (2.Sonntag nach Trinitatis), Tag 4
Lesung:
Johannes 4,5-14
Da kam er
in eine Stadt Samariens, die heißt Sychar, nahe bei dem Feld, das Jakob seinem
Sohn Josef gab. Es war aber dort Jakobs Brunnen. Weil nun Jesus müde war von
der Reise, setzte er sich am Brunnen nieder; es war um die sechste Stunde. Da
kommt eine Frau aus Samarien, um Wasser zu schöpfen. Jesus spricht zu ihr: Gib
mir zu trinken! Denn seine Jünger waren in die Stadt gegangen, um Essen zu
kaufen. Da spricht die samaritische Frau zu ihm: Wie, du bittest mich um etwas
zu trinken, der du ein Jude bist und ich eine samaritische Frau? Denn die Juden
haben keine Gemeinschaft mit den Samaritern. - Jesus antwortete und sprach zu
ihr: Wenn du erkenntest die Gabe Gottes und wer der ist, der zu dir sagt: Gib
mir zu trinken!, du bätest ihn, und der gäbe dir lebendiges Wasser. Spricht zu
ihm die Frau: Herr, hast du doch nichts, womit du schöpfen könntest, und der
Brunnen ist tief; woher hast du dann lebendiges Wasser? Bist du mehr als unser
Vater Jakob, der uns diesen Brunnen gegeben hat? Und er hat daraus getrunken
und seine Kinder und sein Vieh. Jesus antwortete und sprach zu ihr: Wer von
diesem Wasser trinkt, den wird wieder dürsten; wer aber von dem Wasser trinken
wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser,
das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in
das ewige Leben quillt.
Thema:
Vom Tabubruch zum Glauben
Auslegung:
Mit einem Tabubruch beginnt die ganze Geschichte. Ein Jude
redet mit einer Samariterin. Ein Mann spricht eine fremde Frau an. Das gehörte
sich nicht im alten Orient. Die Samariterin spürt das. Sie ist unangenehm
berührt und fühlt sich unwohl.
Auch heute ist es ein Tabubruch, wenn die Botschaft von Jesus in
unseren Alltag platzt. Gehört sich das? Ist Religion nicht Privatsache? Wollen
wir Gott wirklich dort haben, wo wir leben und arbeiten (im Text: Wasser schöpfen)? Gehört so
etwas nicht in die Kirche? Wir winden uns und fühlen uns unwohl. Jesus
entschuldigt sich nicht. Er redet einfach weiter, als wolle er sagen: Vergiss
deine Tabus. Sie sind zweitrangig.
Lebendiges Wasser habe er anzubieten, sagt Jesus der Frau. Sie stutzt. Sie sieht,
was vor Augen ist: den Brunnen. Woher will Jesus lebendiges, also
quellfrisches oder zumindest fließendes Wasser nehmen? Und womit will er es
schöpfen? Die Frau denkt praktisch und irdisch. Jesus redet von einer
himmlischen Sache, die auf einer ganz anderen Ebene praktisch ist. Die zwei
reden aneinander vorbei. Auf den Tabubruch folgt das Missverständnis.
Die Frau ist neugierig geworden. Sie will mehr wissen. Eine neue
Art von Wasser kündigt Jesus an: wenn man davon trinkt wird man nie mehr durstig. Eine neue Dimension von Sättigung:
Tiefe und Sinn, eine Liebesbeziehung zu Gott, ewiges Aufgehoben-Sein in Gott,
Frieden. Die Frau ist bereit. Das Missverständnis mündet in den Glauben: Gib mir dieses Wasser!, sagt sie.
Wie gut, dass Jesus manchmal unsere Tabus durchbricht!
Gebet:
Herr Jesus, wenn wir uns zieren,
im Alltag von dir zu reden und mit dir zu leben, dann sei du einfach da. Stelle
dich mitten dorthin, wo wir arbeiten und leben. Durchbrich unsere Tabus.
Wenn wir dich missverstehen, weil wir irdisch praktisch denken, dann
höre nicht auf, unseren Sinn auf deine himmlische
Realität zu lenken. Lass unser Kopfschütteln zu einem neugierigen Fragen
werden, das in den Glauben einmündet.
Impuls:
Sind Sie gehemmt, im Alltag über Jesus und den Glauben zu reden?
(Tipp: Sie
müssen sich in dieser Hinsicht zu nichts zwingen. Ihr Gesprächspartner spürt
nämlich sehr genau, ob Sie zwanghaft handeln. Sondern: Wenn Jesus in Ihrem
Alltag ganz konkret und erfahrbar da ist, sozusagen am Brunnen steht, wird
die Freude an ihm wie von selbst aus Ihnen heraussprudeln. Streben Sie diesen
Zustand konsequent an und nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen, bis es
soweit ist.)
Hintergrundinformationen:
v Der Jakobsbrunnen ist noch heute erhalten
und liegt in der Nähe des alten Sichem. Der Ort Sychar ist nicht genau bestimmbar, könnte aber
identisch sein mit dem heutigen Askar.
v Die Sechste
Stunde ist etwa zwölf Uhr mittags.
v Die Samaritaner waren eine eigene
Volksgruppe, die sich von den Juden durch folgende Merkmale unterschied: 1. Nur die fünf Bücher
Mose galten als Heilige Schrift. 2. Der Berg Garizim, nicht der Zion mit seinem
Tempel, galt als Ort der Gottesnähe.
Die Juden mieden wegen dieser Unterschiede die Samaritaner.
v Unmittelbar nach unserem
Textabschnitt bittet die Frau Jesus, ihr solches Wasser zu geben (Vers 15)
Autor dieser Andacht: Robert Augustin